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Mouna Iten •

Im Einklang mit der Natur

Auf dem IP-Suisse-Hof Märchligen, unweit der Stadt Bern, gedeihen alte Getreidesorten ganz ohne Einsatz von Pestiziden. Kühe verbringen die meiste Zeit auf den Weiden, während sich der Hof der nachhaltigen Produktion verschreibt.

Interview mit Walter Lüthi

Was bedeutet Ihnen persönlich die Herbstzeit auf Ihrem Bauernhof und welche besonderen Erinnerungen verbinden Sie damit?

Walter Lüthi: Von Spätsommer bis Herbst ist eine besonders arbeitsintensive Zeit auf dem Hof. Es ist Erntezeit und der Arbeitsanfall ist gross. Neben den Stallarbeiten verbringen wir viel Zeit auf den Feldern. Sie müssen abgeerntet und wieder bestellt werden, und die Wiesen ein weiteres Mal gemäht oder auch beweidet werden. Trotz der langen Arbeitstage ist diese Zeit auch von besonderer Bedeutung, da die Ernte die Früchte der monatelangen Arbeit bringt. Die Arbeit draussen bringt eine starke Nähe zur Natur, wir sind der Witterung ausgesetzt, extreme Jahre, wie das auch 2024 ist, bleiben meist in spezieller Erinnerung.

Wie sieht ein typischer Alltag bei Ihnen auf Ihrem Hof aus? Was gefällt Ihnen besonders daran?

Der Tag beginnt im Normalfall im Stall, wo er auch endet. Das ist zu jeder Jahreszeit gleich. Das heisst, am Abend, bevor ich schlafen gehe, bin ich noch ein letztes Mal bei den Tieren, füttere sie und kontrolliere, ob es ihnen gut geht – danach ist Lichterlöschen. Die anderen Arbeiten präsentieren sich übers ganze Jahr hinweg sehr unterschiedlich und sind stark von der Witterung abhängig. Speziell an unserem Beruf ist sicherlich die Siebentagewoche und Arbeitstage von mindestens 10 bis hin zu 16 Stunden in Spitzenzeiten, wie jener der Ernte.

Welche Rolle spielen Ihre Familie und Ihre Gemeinschaft bei der Erntezeit, und wie gestaltet sich das Miteinander während dieser Jahreszeit?

Während der Ernte kann ich auf die tatkräftige Unterstützung meines Sohnes David setzen. Er ist 22 und gelernter Landwirt. Ohne ihn wären die anfallenden Arbeiten kaum zu bewältigen. Natürlich helfen auch alle anderen Familienmitglieder mit, was gerade in der Erntezeit sehr wichtig ist. Es ist auch immer wieder schön zu erleben, was ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis wert ist. In Allmendingen helfen wir Bauern einander – es ist ein Miteinander. Die Abhängigkeit vom Wetter bedingt, dass alle flexibel sind. In diesen Wochen ist es schlecht möglich, andere Termine zu planen. Manchmal entscheiden einige Stunden Sonnenschein über das Gelingen. Es braucht auch die nötigen Maschinen dazu, die wiederum meist von Lohnunternehmern gefahren werden. Sie planen ihre Einsätze gerne beinahe rund um die Uhr, mit dem Ziel, gesunde Lebensmittel für die Schweizer Bevölkerung zu produzieren.

 

Gibt es ein spezielles Ernteprodukt oder eine Erntetradition auf Ihrem Hof, die Ihnen besonders am Herzen liegt? Können Sie uns mehr darüber erzählen?

Die Ernte und deren Gelingen liegt uns allgemein am Herzen. Speziell ist sicherlich diese alte Getreidesorte, die Landsorte Rütti 40. Sie wird ausschliesslich im Kanton Bern angebaut und in der Bäckerei Reinhard zu einem besonderen Spezialbrot verarbeitet. In den Reihen zwischen den einzelnen Getreidepflanzen dieser Landsorte finden viele Arten Lebensraum. Hier nisten Vögel, leben Insekten und hoppeln Hasen durch die Ackerlandschaft.

Wie war es für Sie, als Sie die Anfrage von uns erhalten haben für ein Kampagnenshooting auf Ihrem Hof? Haben Sie schon ähnliche Projekte durchgeführt?

Wir setzen uns auf dem Hof Märchligen sehr stark dafür ein, den Konsumentinnen und Konsumenten die Landwirtschaft näherzubringen. Dafür organisieren wir im Juni auch die IP-Suisse-Hofwochen. Die Bevölkerung hat immer weniger Zugang zum Leben der Bauern und Tiere auf den Höfen und weiss auch in den meisten Fällen nicht, wie Lebensmittel produziert werden. Das möchten wir ändern. Wir sind sicher, dass man Vertrauen in die Schweizer Bauern haben kann. Aber dafür muss man auch sehen und erleben, wie sie funktioniert.